Leidenschaftlicher Taekwondosportler, Erfolgstrainer, engagierter Funktionär – Peter van den Akker hat in allen Bereichen unseres Sports großes geleistet. Wir hatten die Gelegenheit für ein persönliches Gespräch mit dem Wegbereiter des Taekwondo in Deutschland.
Es gibt Menschen, die eine ganze Generation von Sportlerinnen und Sportlern geprägt haben. Sie kommen aus einer Zeit, in der man – die Jüngeren mögen mir das Verzeihen – bei Wind und Wetter und nicht selten über zehn Kilometer zu Fuß in die Schule und zum Training gelaufen ist. Heutzutage ist vieles doch einfacher und schnell wird für die Rechte auch kleinster Interessen, gekämpft – ohne dass man auch nur einmal kurz über mögliche Pflichten gesprochen hat. Die Aufopferung und Hingabe, die unsere Vorgänger aufgebracht haben, um uns den Weg zu ebnen, gerät da schnell in Vergessenheit.
Deshalb ist es wichtig, dass diese Wegbereiter zu Wort kommen und gewürdigt werden, mit ihren Erinnerungen an Siege wie an Niederlage. Es geht dabei um eine Zeit, in der Taekwondo in Deutschland fast gar nicht stattgefunden hat, aber nachhaltig für die kommenden Generationen geprägt wurde. Ich möchte an dieser Stelle behaupten, ohne Peter van den Akker würde das heutige Taekwondo ganz anders aussehen. Er hat Dormagen zu einem großen Punkt auf der Taekwondo-Landkarte gemacht und aktiv als Funktionär auch seine Erfahrungen an die Verbände weitergegeben.
Mitte November – tief im Spätherbst – hatten wir die Gelegenheit, uns mit Peter van den Akker zu treffen, er hat uns zu sich nach Hause eingeladen. Schon der erste persönliche Kontakt an diesem Tag war beeindruckend: Bei sechs Grad Außentemperatur öffnete er uns die Türe, barfuß! Der mittlerweile 72-Jährige macht einen fitten Eindruck, sein Wesen füllt sofort den Raum. „Ich bin Peter, komm rein!“ – und schon waren wir in einem intensiven Gespräch gefangen.
Taekwondo in Dormagen – Chan Moo Kwan – VDS Nievenheim
Vor fast 50 Jahren begann die Erfolgsgeschichte von van den Akker beim VDS Nievenheim. Am 4. März 1974 schaltete der große Kampfsportfan eine Anzeige im Dormagener Lokalblatt unter der Rubrik „Wer und Was“ und lud auf den 7. März zu einem Training in der Sportschule Chang Moo Kwan ein. Er war zu diesen Zeitpunkt holländischer Taekwondo-Vizemeister und wollte auch in Deutschland nicht auf seinem Sport verzichten. Auf Anhieb trafen sich 40 Sportbegeisterte zum ersten Training. Heute kaum noch vorstellbar. Taekwondo war in Deutschland noch sportliches Neuland. Schnell hat sich der VDS Nievenheim 1920 e.V. für eine organisatorische und nominelle Aktivität im Verein angeboten. Das Training fand sofort große Begeisterung bei den Sportlern. Peter van den Akker war Perfektionist, zielstrebig aber vor allem auch motiviert. Er selbst stand für ambitionierten Zweikampf, die Begeisterung schwappte schnell auf die neuen Mitglieder über. Innerhalb von nur drei (!) Monaten hatte die neue Abteilung im Verein 135 Mitglieder. Für den Verein aber vor allem auch für die Stadt Dormagen eine echte Erfolgsgeschichte!
Holländischer Meister und 2. Dan für van den Akker
Die intensive Trainingsarbeit hat sich schnell herumgesprochen, vor allem, weil van den Akker seine Leidenschaft mit viel Spaß und Ehrgeiz im Dojang vorgelebt hat. Schon 1975 gewann er die holländische Meisterschaft im Mittelgewicht und bestand kurz darauf die Prüfung zum 2. Dan – der Beginn einer großen Dekade, aus der talentierten Sportler hervorgegangen sind. Wir werden mit Sicherheit nicht alle Erfolge aufzählen können, alleine die Meilensteine im Überblick zum 20-jährigen Jubiläum 1994 umfassen vier volle DinA4-Seiten.
Schüler, Wegbegleiter, Freunde
Einen kleinen Einblick müssen wir aber gewähren, der insgesamt den unglaublichen Erfolg widerspiegelt. Im Laufe der Zeit gaben sich viele Schüler die Klinge in der Hand, die den Sport in der Zeit geprägt haben. Unglaublich wie erfolgreich Deutschland einmal auf den ganz großen Turnieren war. Vom damaligen Glanz kann man heute nur noch träumen, wenn man nicht selbst dabei war. Peter van den Akker begleitete als Trainer und Meister unter anderem folgende Sportler:
Richard Schulz – 4-mal Europameister, Vize-Weltmeister
Silvia Winkelmann – Europameisterin
Harald Scharmann – Jugend Europameister, dritter bei der Weltmeisterschaft der Herren
Christian Herberth – 10-mal Deutscher Meister
Jannis Dakos – Deutscher Meister
Esther Scholten – Deutsche Meisterin
Aber er war nicht nur ein großartiger Trainer und formte Sportler für Welt- und Europameisterschaften. Auch auf der Verbandsebene unterstützte er tatkräftig einen bis dahin noch eher unbekannten Sport. Egal ob als Jugendleiter für die NWTU, Bundesjugendleiter, Vize–Präsident Vollkontakt der NWTU und zwischendurch auch mal als kommissarischer NWTU-Präsident. Dabei war er nie ein Mann von großen Worten, viel wichtiger waren ihm immer die Dinge, die auf der Matte passiert sind. Peter van den Akker war maßgeblich daran beteiligt, Taekwondo in Deutschland zu etablieren. Mit den NRW Masters gründete er eins der wichtigsten Taekwondo-Turniere in Deutschland. „Stolz bin ich auch auf die Ehrenplakette des Landes Nordrheinwestfalen, die ich als zweiter Taekwondoler, nach Aziz Acharki, bekommen habe“, erklärt van den Akker.
Man spürt ihm die Emotionen an, wenn er aus seiner aktiven Zeit erzählt: „Alle Titel sind mir wichtig, die meine Sportler gewinnen konnten. Ich habe dort nie Prioritäten gesetzt. Ganz im Gegenteil, bei mir sind alle gleich. Natürlich macht es mich stolz, dass mich Sportler über so lange Zeit begleitet haben wie zum Beispiel Christian Herberth. Er hat auch gezeigt, dass man auch über eine lange Zeit erfolgreich zusammenarbeiten kann. Aber auch dass erfolgreiche Sportler wie Michael Arndt, Aziz Acharki, Yilmaz Helvacioglu und auch Hubert Leuchter jahrelang regelmäßig bei mir trainiert haben, erfüllt mich mit Stolz!“ Aziz Acharki und Yilmaz Helvacioglu waren beide besessene Schüler gewesen. Sie hatten seinerzeit weite Anfahrtswege im Kauf genommen nur um bei ihm zu trainieren, Helvacioglu oft sogar ohne einen „gültigen“ Fahrschein für die Fahrt mit dem Zug. Man merkt sofort, dass es ihm immer noch bewegt, wenn er über Richard Schulz spricht. Das ist einer der schwierigen Momente in seinem Leben – das viel zu frühe aus dem Leben scheiden des vierfachen Europameisters und Vizeweltmeisters. Auch viele Wegbegleiter hat er in dieser Zeit gefunden: „Mit Meinolf Lüttecken und Josef Wagner verbindet mich noch immer eine enge Freundschaft“, bekräftigt er.
Ohne harte Arbeit kein Taekwondo
Nun, leider können wir nur einen kleinen Ausschnitt aus der Dekade Taekwondo – Dormagen – Peter van den Akker präsentieren. Aber viele Mythen leben ja auch gerade von der Erzählung und mündlichen Weitergabe. Dass wir es mit einem ganz großen der deutschen Taekwondo-Geschichte zu tun haben, belegt uns auch seine Einstellung zum Kampfsport. Der ist grundsätzlich nichts für Rowdies und Schläger! Souverän ergänzt er, „Für diese Leute erledigt sich Taekwondo meist vom selbst. Nämlich dann wenn sie feststellen, dass es harte Arbeit bedarf um diesen Sport zu betreiben. Die anfängliche Illusion der Kung-Fu-Filme verfliegt nämlich schnell, und die „Sportler“ die Taekwondo mal eben für die Straße lernen wollen, verschwinden meist genauso…“
In diesem Sinne, lieber Peter, vielen Dank für die Zeit und die vor allen für die sehr freundliche Gastfreundschaft an diesen Nachmittag. Bleibe noch sehr lange, wie ich Dich an diesen Tag erlebt habe: Ein Naturmensch, und vor allem bleibe lange gesund, „negativ“ und fit! Taekwondo-Aktuell 12/2021