Seit Jahren genießt das Event in Belgien, nahe der niederländischen Grenze, absoluten Kultstatus. Der Mythos Keumgang Open lockt mittlerweile schon bei der Anmeldung über 650 Sportlerinnen und Sportler aus ganz Europa an und lässt die Poolliste aus allen Nähten platzen. Eigentlich kein Wunder, denn die Organisatorinnen und Organisatoren sind im europäischen Taekwondosport keine Unbekannten und bei den meisten Vereinen sogar sehr beliebt: darunter Jelle Vicca, dieser soll übrigens auch mal als Bundestrainer im Gespräch gewesen sein, und Taekwondoschool Keumgang.
Wer jetzt aber anhand dieser Ausführung an ein zeitgemäßes Event in einer ultramodernen Arena denkt, den muss ich jetzt vorerst enttäuschen. Der Erfolg dieses Turniers liegt ausschließlich an den in der Einleitung bereits erwähnten Beteiligten.
Back to the roots
Die Namen auf der Poolliste lesen sich wie die eines Turniers mit G2-Status. Die Gewichtsklassen sind durchgehend erstklassig besetzt. Masse und Klasse!
Unglaublich ist auch die Atmosphäre. Tribünen und Innenraum sind proppenvoll. Im Innenraum herrscht nicht nur wegen der acht Wettkampfflächen ein reges Durcheinander. Das Fotografieren der sportlichen Ereignisse ist gar nicht so einfach. Immer wieder rennt jemand durchs Bild. Der Spirit in Houthalen-Helchteren ist einzigartig – das Turnier ist ein „Familienevent“. Bemerkenswert, und jetzt genau lesen: Es wird komplett auf Videoreplays verzichtet!
Sie haben richtig gelesen. Der belgische Verband nutzt das hochrangig besuchte Turnier, um seine Kampfrichterinnen und -richter zu schulen. Kritisiert wird das aber nur von wenigen. Während der Videoschiedsrichter beim Fußball lediglich in der Bundesliga und bei diversen europäischen Wettbewerben eingesetzt wird, gehört das Videoreplay – leider – schon bei Nachwuchsturnieren längst zum Standard. Aber wäre das nicht eine Möglichkeit, die Turniere in Deutschland, zumindest die Turniere, bei denen keine Punkte für irgendwelche Ranglisten gesammelt werden, kostengünstiger zu organisieren? Braucht es bei einem Turnier – in einer eher spärlichen Turnhalle – einen solchen Service?
Sicher, verbunden ist damit meist auch ein Livestream. Aber ein Blick auf die Views lässt erahnen, dass die meisten Zuschauerinnen und Zuschauer, die sich den Stream anschauen würden, ohnehin schon in der Halle sind und die Aktivitäten ihrer Heldinnen und Helden verfolgen und für ihre Mediathek meistens selbst dokumentieren.
Die Kampfrichterinnen und -richter hatten das Geschehen auch ohne Videoreplay ganz gut im Griff. Und noch einmal: Trotz der hochrangigen Poolliste war das Turnier dem Nachwuchs gewidmet.
Fashionable but not beautiful
Gelegentlich wäre es natürlich schön, wenn die Kampfrichterinnen und -richter auch mal kurz auf die Trainerinnen und Trainer eingegangen wären. Ein freundlicher Dialog sollte immer Vorrang vor einem unantastbaren Entschluss haben. Ein kurzes Lächeln und eine Erklärung würden die positive Stimmung eher begleiten und fördern. Am Ende wissen doch alle, das letzte Wort haben die Kampfrichterinnen und -richter.
Fazit: Belgien sowie Houthalen-Helchteren sind eine Reise wert. Der Veranstalter Taekwondoschool Keumgang gilt nicht nur als Talentschmiede für große Sportlerinnen und Sportler. Jelle Vicca ist ein großartiger Gastgeber. Das Konzept ohne Videoreplay ist für einige Teams bestimmt noch gewöhnungsbedürftig. Aber als Mittel zum Zweck und als Schulung der Kampfrichterinnen und -richter ist das kein falscher Weg. Am Ende gilt: Wer Lifestyle möchte, muss es sich leisten können bzw. wollen. Dem ein oder anderen Verein ist ein „Groschen“ in der Kasse am Ende des Tages bestimmt lieber. Dass es sehr gut funktioniert, hat Keumgang 2023 eindeutig belegt!