Ein junger Fahrer, der weder über reiche Eltern, noch einen großen Namen verfügt, kommt heute kaum noch im Motorsport nach oben, ohne Teil eines Nachwuchsförderungsprogramms zu sein. Die Liste der Förderprogramme ist lang. Unter dem häufig zitierten Motto „fordern und fördern“ werden von allen gängigen Verbänden ebenso angeboten wie von Automobilherstellern, Rennteams und privaten Investoren. Viele Fahrer wären vermutlich ohne derartige Programme auf der Strecke geblieben.
Die Infrastruktur in Deutschland ist im automobilen Bereich besser als in jedem anderen Land. Die ADAC Stiftung Sport beispielsweise kann mittlerweile auf mehrere Fahrer in der Formel 1 verweisen, bekanntester Vertreter ist Sebastian Vettel, der in der ersten Hälfte der 2000er-Jahre vom ADAC gefördert wurde. Ausnahmefahrer können häufig auf mehrere Förderungen vertrauen, so sicherte sich der zweifache Weltmeister schnell noch zusätzlich die Red-Bull-Förderung. Gerne rühmen sich Anbieter von Förderungsprogrammen mit ihren Erfolgen.
Weit weniger verbreitet werden freilich die weniger erfolgreichen Kapitel von Nachwuchsförderungen: Was, wenn ein Fahrer, in den investiert wurde, die gewünschte Leistung nicht erbringt? In den wenigsten Fällen laufen die Trennungen von Fahrern so spektakulär ab wie der Rauswurf von Sebastien Buemi und Jaime Alguersuari bei Toro Rosso. Meist verschwinden Fahrer heimlich, still und leise aus den Förderungsprogrammen, wenn sie keine ausreichenden Leistungen zeigen, ohne dass irgendwer davon Notiz nimmt.
Problematisch ist es vor allem in jungen Jahren: Oft reicht schon eine schlechte Saison und ein Fahrer ist aus dem Kader draußen. Geholfen ist damit niemandem: Der Förderer muss in diesem Fall einsehen, dass das Geld unnötig verpulvert wurde, während für das hoffnungsvolle Talent die Karriere mit einem solchen Schritt meist vorbei ist. Dabei können die Ursachen unterschiedlicher Art sein: Jeder Fahrer erwischt einmal ein Team, mit dem er einfach nicht harmoniert und während der Pubertät können schon einmal persönliche Probleme auftreten, die sich auch auf die Leistung auf der Strecke auswirken können, was sich 2011 sogar in der Königsklasse bei Lewis Hamilton im Erwachsenenalter zeigte.
Es hilft daher nicht, beim Erfolg einer Förderung nur auf die Resultate zu schielen. Hat ein Talent seine Leistung nicht gebracht, muss genauestens analysiert werden, woran es gelegen hat. Ein sofortiger Rauswurf würde in diesem Falle keiner der beiden Seiten helfen. Gerade die menschliche Seite muss häufiger beachtet werden: Es gibt Fahrer, die mehr Nestwärme benötigen, aber trotzdem sehr gute Fahrer sind. Fehlt diese, kann selbst ein außerordentliches Talent ins Straucheln geraten. Gerade in den unteren Klassen ist man dann schnell dazu geneigt, einen solchen Fahrer aus dem Kader zu werfen, oft mit der Begründung, dass ihm „die nötige Härte“ fehle.
Wenn sich bei der Analyse einer schwierigen Saison zeigt, dass ein Fahrer unter seinen Möglichkeiten geblieben ist, dann wäre eine zweite Chance bei einem anderen Team oder in einer anderen Rennserie vermutlich für beide Seiten die bessere Lösung als ein sofortiger Rauswurf. Und wenn es gar nicht mehr geht, wäre eine gute Exit-Strategie immer noch wünschenswert, denn vielleicht schafft es das Talent auf eigene Faust doch noch den Sprung, so dass die Förderung sich am Ende doch noch bezahlt machen würde.
Es wäre also wünschenswert, wenn der menschliche Aspekt bei Förderungsprogrammen in den Fokus gerückt wird. Sicher muss jeder Fahrer eine gewisse Härte und Abgebrühtheit erlangen, doch ein Fahrer wird noch lange nicht dadurch schlecht, wenn er sich mit seinem Umfeld aus welchem Grund auch immer nicht versteht. Hier gibt es sicherlich noch Potenzial bei vielen Nachwuchsförderprogrammen.