Auf dieses Interview sind wir irgendwie besonders stolz. Wir haben damit eine einmalige Gelegenheit sofort genutzt. Normalerweise ist es Sibylle Maier, die als Chefredakteurin von Taekwondo-Aktuell eine Zeitung mit Leben füllt und eine ganze Sparte von Sportlern monatlich glücklich macht.
Denn eins ist ganz klar, gerade der Breitensport braucht mediale Unterstützung, um sich bei potenziellen Sponsoren ins rechte Licht zu rücken. Erst recht dann, wenn die bekannten großen Sportmagazine und in manchen Städten auch die regionalen Medien, lieber über andere sportliche Aktivitäten berichten. Das Fachmagazin „Taekwondo-Aktuell“ gibt unseren Sport ein großes Forum, mit viel Liebe im Detail gibt es dort monatlich nicht nur aktuelle Berichte zu lesen, Maier hat immer einen guten Blick für das große Ganze und manchmal gibt es sogar einen Blick über den Tellerrand.
Frau Maier, vielen Dank dass Sie uns Ihre Zeit widmen. Sie lieben den Sport, das merkt man als Abonnent mit jeder Ausgabe. Wie sind Sie zum Taekwondo gekommen?
SM: Ich habe eigentlich Kunstgeschichte und Literaturwissenschaft studiert. Gegen Ende meines Studiums habe ich bei Unisport Stuttgart Taekwondo entdeckt, das hat mir zunächst als Sport einfach Spaß gemacht. In den Semesterferien durften wir in der Sportschule von Soo-Nam Park, dem Herausgeber von Taekwondo Aktuell, mit trainieren – so hab ich die Zeitschrift kennengelernt und auch das Taekwondo-Geschehen über den Verein hinaus. Ich hab dann erst mal als studentische Aushilfe angefangen, bei Taekwondo Aktuell ein bisschen mitzuarbeiten – und so kam das eine zum anderen…
Gibt es eine Ausgabe, an die Sie sich besonders gerne erinnern?
SM: Eine bestimmte Ausgabe eigentlich nicht. Aber manchmal schlage ich in alten Heften etwas nach und freue mich, wenn ich auf Artikel stoße, die ich immer noch interessant finde.
„Nach der Ausgabe ist vor der Ausgabe“ – was machen Sie lieber, eine fertige Ausgabe promoten oder die Redaktionsplanung für die nächste?
SM: Die Planung für die kommenden Ausgaben liegt mir mehr.
Haben Sie selbst überhaupt noch genug Zeit für eigene Interessen/Sport?
SM: Dankenswerterweise sind das Büro von Taekwondo Aktuell und die Sportschule Park im gleichen Gebäude und im Schnitt schaffe ich es zweimal wöchentlich dort ins Training. Für andere, zeitaufwendige Hobbies fehlt mir aber leider tatsächlich die Zeit, auch wegen der vielen Wochenendtermine.
Was fasziniert Sie an Taekwondo bzw. Kampfsport (Kampfkunst)?
SM: Insbesondere Taekwondo hat so viele spannende Aspekte: Historische und kulturelle Hintergründe, die Entwicklung als olympische Disziplin, die verschiedenen Stilrichtungen, die philosophischen Hintergründe, die pädagogischen Impulse. Spannend finde ich auch die Menschen, die ich beim Taekwondo treffe, was sie zu sagen haben über den Sport und auch über ganz andere Dinge.
Ist es für Sie eher ein Vorteil, dass andere Sportmagazine eher nicht über den Taekwondo-Sport berichten?
SM: Für den Sport ist das von Nachteil und damit natürlich auch für uns als Fachzeitschrift. Ich freue mich immer, wenn ich irgendwo einen Artikel über Taekwondo finde, vor allem wenn ich dadurch meine Kenntnisse erweitern kann oder neue Impulse bekomme.
Warum findet Taekwondo in den Medien so wenig Beachtung? Eigentlich bietet der Sport alles, was man für gute Unterhaltung braucht. Er ist schnell, dank seiner Elektrowesten auch für die Zuschauer transparent und nachvollziehbar, schnell und unheimlich athletisch und sogar olympisch!
SM: In Deutschland haben wir sicherlich das Problem, dass neben Fußball praktisch alle Sportarten ein Schattendasein fristen. Dazu kommen weitere Hindernisse: Die gängigen Taekwondoturniere sind nicht zuschauerfreundlich, die Schutzausrüstung ist nicht fotogen, die Regeln sind auch nicht hundertprozentig transparent, häufig fallen Punkte, ohne dass man genau sagen kann, wo sie her kommen. Außerdem haben wir in Deutschland aktuell keine erfolgreichen Sportler, die zu Sympathieträgern aufgebaut werden können.
Sind wir ehrlich, die Turniere sind für neutrale Zuschauer eher unattraktiv, was könnte man ändern, damit in Zukunft nicht nur die Angehörigen der Sportler ein Taekwondo Turnier besuchen?
SM: Die Semifinale und Finale bei einer WM oder auch bei den Grands Prix sind durchaus attraktiv. Dafür braucht es allerdings auch einen erheblichen finanziellen Aufwand bei der Ausstattung und Präsentation sowie Topsportler, die schon ein paar Titel mitbringen, um auch Nicht-Insider zu interessieren. Es gibt also schon Lösungen, die sind aber auf nationaler Ebene oder gar Landesebene kaum zu realisieren.
Zuletzt konnte man im TA oft lesen, das es neue Wege braucht. Wie sehen Sie die aktuelle Entwicklung beim Taekwondo. Was sollte sich evtl. für eine positive Weiterentwicklung ändern?
SM: Ein Vorbild ist sicher das britische System. Dort ist der Leistungssport vom übrigen Verband entkoppelt und wird von hauptberuflichen Kräften betrieben. Um andere Bereiche, wie Breitensport oder Prüfungen, kümmern sich weiterhin Ehrenamtler, die mit Herzblut dabei sind. Ich denke, Ehrenamtlichkeit und Leistungssport gehen langfristig nicht mehr zusammen. Wichtig sind aber auch entsprechende Schnittstellen zwischen Leistungssport und Breitensport, um junge Sportler zu motivieren und um Identifikationsfiguren zu schaffen.
Am 7. Dezember ist endlich soweit. In Sindelfingen findet die 34. Ausgabe vom Park-Pokal statt. Nach den DEM und der German Open für die Vereine das wichtigste Turnier in Deutschland. Für Sie wahrscheinlich eine Doppelbelastung. Wie weit sind Sie mit den Vorbereitungen?
SM: Wir sind gut im Rennen…
Was macht in Ihren Augen das Besondere an diesem Turnier aus? Haben Sie eine Erklärung für das große Interesse der Teams? Wofür steht in Ihren Augen das Turnier?
SM: Ich denke viele Vereine kommen gern nach Sindelfingen, weil sie sich im Glaspalast und beim Park Pokal einfach wohl fühlen, über das rein Sportliche hinaus. Die tolle Halle, die Wettkämpfe, das koreanische Essen, das internationale Publikum – zusammen ergibt das ein richtiges Turniererlebnis. Für viele Vereine ist es außerdem das letzte Turnier vor Weihnachten und ein schöner sportlicher Jahresabschluss.
Worauf dürfen sich die Teilnehmer dieses Jahr besonders freuen?
SM: 1979, also vor 40 Jahren, fand die erste Taekwondo-Weltmeisterschaft in Europa im Glaspalast Sindelfingen statt, also am Austragungsort des Park Pokals. Wir sind stolz darauf, anlässlich dieses Jubiläums parallel zu unserem traditionellen Park Pokal eine Europameisterschaft zu präsentieren – die WTE Kids European Championships für Kinder von 6 bis 11 Jahren. Ein großes Dankeschön an dieser Stelle an Taekwondo Europe, dass wir dieses Turnier in Sindelfingen ausrichten dürfen.
Die letzten Worte gehören Ihnen …
SM: Ich bin immer auf der Suche nach spannenden Themen und interessanten Persönlichkeiten und freue mich dabei auch sehr über Anregungen von unseren Lesern. Wenn also jemand ein Thema hat, über das er gerne einmal in Taekwondo Aktuell lesen würde – bitte melden!